Dr. Hans Peter Zarfl Tierarzt Auenstraße 45 9400 Wolfsberg
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Die Fütterungsrehe
Die Rehekrankheit kommt bei Huf- und Klauentieren vor. Sie ist eine nicht eitrige, nicht infektiöse Entzündung der Huf- bzw. Klauenlederhaut. Der Name „Hufrehe“ kommt aus dem Althochdeutschen, wo „raha“ - die Sache bedeutet. Es ist also diese „Sache mit dem Huf“.
Die Entzündung der Huf- bzw. Klauenlederhaut ist für die betroffenen Tiere sehr schmerzhaft. Sie äußert sich in einer Beeinträchtigung der Gehfähigkeit, da meist alle vier Extremitäten, aber vor allem die Vorderbeine, betroffen sind. Die Mär, dass die Rehekrankheit vor allem durch eiweißreiches Futter ausgelöst wird, ist nicht wahr. Vielmehr funktioniert die Krankheit auf Basis der Kohlenhydratverdauung. Wird im Frühling das mürbe, frische Gras aufgenommen, so beinhaltet das besonders leicht verdauliche Kohlenhydrate, wie z. B. auch im Brot, im Mehl oder als Zucker vorhanden. Wird dieses frische Gras in großer Menge aufgenommen, das gilt übrigens auch für Brot, so kommt es zum Kohlenhydratabbau in den großen Gärkammern des Verdauungssystems unserer Pflanzenfresser. Beim Esel sind dies die großen Dickdarmteile, beim Wiederkäuer ist dies der Pansen. Zudem sind im Frühling noch relativ viele Saponine, also Seifenstoffe, im Gras vorhanden – das erkennt man übrigens, wenn man mit hohem Tempo über die Wiese rennt und kaum Bodenhaftung hat. Werden nun diese Kohlenhydrate abgebaut, so kommt es zur übermäßigen Vermehrung gewisser Bakterien im Verdauungstrakt, die als Stoffwechselprodukt Milchsäure abgeben. Diese senkt den PH-Wert im Verdauungstrakt, schädigt die Schleimhaut und Verdauungsprodukte können praktisch ungehindert in die Blutbahn eintreten.
Durch die Senkung des PH-Wertes sterben die Bakterien im Darm in großer Anzahl ab. Die toten Bakterien bzw. Bakterienkapseln sind ein besonders heikles Gift, nämlich das Endotoxin.
Die Aufnahme von Giftstoffen aus dem Darm wird durch das Vorhandensein der Saponine noch gefördert. Verdauungsprodukte, die besonders schädlich sind, sind Ammoniak und eben das Endotoxin. Durch diese Giftstoffe werden die feinen Blutgefäße im ganzen Körper geschädigt und je nach Beanspruchung der Gewebe kommt es zum Austritt von Blutbestandteilen in das Gewebe. Wir haben eine Bombenentzündung. Besonders empfindlich ist die Huflederhaut der Vorderextremitäten. Die daraus entstehenden Schmerzen sind enorm, der Zustand ist schwerwiegend und sehr schwierig zu behandeln. Wir haben die heimtückische Krankheit „Hufrehe“ vor uns. Es ist daher besonders wichtig, große Vorsicht bei gut gemeinten Kohlenhydratverabreichungen (Brot füttern, das frische Frühlingsgras oder größere Mengen Getreide) walten zu lassen. Erkrankte Tiere brauchen immer eine sachgemäße Behandlung durch den Tierarzt. Oft ist auch eine medizinische Hufkorrektur durch den qualifizierten Hufschmied unter Absprache mit dem Tierarzt erforderlich.
Bei ständiger Missachtung einer sachgemäßen Fütterung kann es zur chronischen Rehe kommen, bei der die typische Verformung des Hufes die Folge ist. Eine bestehenbleibende Einschränkung der Gehfähigkeit, also dauerhafte Lahmheit, ist das Resultat. Besonders wichtig beim Esel ist daher ein sinnvoller Umgang mit Kohlenhydraten wie Brot und Kraftfutter.
Sollte eine akute Rehe auftreten, so bringt eine sofortige, sachgemäße Behandlung Linderung und kann die Tiere in ihrem Verwendungszweck erhalten.